Rückweiche – zu oft zu nahe am Geschehen

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Im vergangenen Jahr 2017 ereigneten sich in Bayern erschreckend viele schwere und 25 tödliche Unfälle bei Waldarbeiten.

Alle Unfälle mit tödlichem Ausgang und auch die mit schweren Unfallverletzungen wurden vor Ort von der Kripo und den Technischen Aufsichtspersonen  hinsichtlich des Hergangs und der Unfallursache untersucht. Hierbei stellte  sich in vielen Fällen eine Gemeinsamkeit heraus.

Die Verletzten waren zu nahe am Geschehen.

Zwei Beispiele, stellvertretend für viele ähnliche Unfallhergänge.

Bei der Fällung einer Esche brach die Krone des Nachbarbaumes ab und fügte dem Motorsägenführer tödliche Verletzungen zu.

Bei der Fällung einer 45 cm dicken und 28 m langen, leicht vorhängenden grünen Kiefer streifte diese im Fallen mehrere Bäume. Hierdurch wurde das schwere Erdstammteil abgelenkt und schlug nach hinten und zur Seite aus. Der mithelfende Schwager des Motorsägenführers wurde von der nicht vorhergesehenen Reaktion des Stammes überrascht, von diesem getroffen und schwer an beiden Oberschenkeln verletzt. Im geschilderten Fall kam der Verletzte in 1,4 m Entfernung vom Wurzelstock unter dem Stammteil mit Knochenbrüchen zu liegen.

Rückweiche

In der  zum 1.1.2017 aktualisierten Unfallverhütungsvorschrift wurde diesem schon lange bekannten Unfallgeschehen Rechnung getragen. Hier wird neben der, der Fällung vorhergehenden, Baumbeurteilung auch die Festlegung eines Rückweichpunktes gefordert.  Das „nur“ in die Rückweiche treten, während der Baum das Fallen beginnt, hat sich in vielen Fällen nicht bewährt. Es hat sich gezeigt, dass meist nicht weitgenug und / oder in die falsche Richtung gegangen wurde und die Reaktionszeit bei Gefahr zu lange war.

Kopfsache

Ein hessischer Kollege und langjähriger Forstwirt meint „Du musst den Baum umdenken, bevor du die Motorsäge startest“. Das bedeutet, es ist auch der ungünstigste Fall mit einzudenken. Was passiert, wenn der Baum nicht so fällt, wie ich es gerne hätte, was ist mit Ästen, die von oben kommen können, was machen Nachbarbäume, habe ich Totholzbäume im Fallbereich. Daraus resultiert der Rückweichpunkt, den ich vorher festlege. Die Stelle, an der ich und mein eventueller Helfer sein müssen, wenn der Baum fällt.

Auf den (Rückweiche)Punkt gebracht

In einer Studie bei Hessen-Forst wurden herabfallende und zurückgeschleuderte Äste bei 2400 Laubholzfällungen aufgenommen. Bereits hier kam man zum Ergebnis, dass über 60 % der Äste in 0 – 3 Metern um den Wurzelstock einschlugen.  Im Abstand von 3 - 6 Metern lag die Trefferwahrscheinlichkeit immer noch bei 20 %.  In einer Entfernung von 6 – 9 Metern zum Wurzelstock wurden noch 4 % herab- und zurückgeschleuderte Äste gezählt. Das Zurückschieben und zur Seite abgelenkt werden des Stammteils gar nicht mit einbezogen.

Training

Bei der Forstwirtsausbildung und bei Motorsägenführerschulungen werden oft zu Trainingszwecken ein rot-weißer Fluchtstab oder ein rotes Tuch auf den vorher festgelegten Rückweichpunkt platziert. Dieser Punkt muss in einer Entfernung deutlich über diesem 9 Meter Abstand zum Stamm liegen und hindernisfrei erreichbar sein. Rutsch- und Stolperfallen müssen vor Beginn der Fällung sorgfältig entfernt werden.

Sobald sich der Baum zu neigen beginnt sind folgende Sicherheitsregeln unbedingt zu beachten:

Arbeit einstellen, zügig zum Rückweichplatz gehen, umdrehen, Kronenraum beobachten, warten bis der Baum liegt und die Kronen ausgeschwungen haben und nach hängengebliebenen Ästen Ausschau halten.

Die Präventionsmitarbeiter der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) beraten Sie gerne dazu.

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